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Ein neuer Blick auf die Menge der möglichen positiven pädagogischen Interventionen und unser unvermögen, allen gerecht zu werden

Es gibt in der alltäglichen Arbeit mit Klienten, in unserem Fall hier der Kita praktisch unendlich viele Möglichkeiten, durch unser Tun förderlich zu wirken.

In einer Hospi werden nachher in der Reflexion vielleicht auch verpasste Gelegenheiten genannt und führen zu einer schlechteren Note. In diesem Kontext, wo unter anderem die Fähigkeit herausgebildet werden soll, diese Gelegenheiten wahrzunehmen und sinnvoll auf sie zu reagieren, macht das sicher Sinn.

Fertig ausgebildete pädagogische Mitarbeiter können sicher auch noch dazulernen und ich empfehle daher auch, sich selbst von einer geschätzten Kollegin gelegentlich hospitieren zu lassen und um Feedback zu bitten und dort macht es Sinn, auf jede verpasste Gelegenheit, förderlich einzuwirken hinzuweisen.

Hier soll es aber um den Alltag einer bemühten pädagogischen Fachkraft gehen. Die oben geschilderte Sichtweise verpasster Gelegenheiten „unseren Job zu machen“, „etwas für unser Geld zu tun“ oder positiv formuliert „Kindern zu helfen, in dieser Gesellschaft ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen“, führt häufig nur in Richtung Burnout.

Ich schlage vor, die quasi-unendliche Menge solcher Gelegenheiten nicht als „Bucket“ also Eimer zu betrachten, der schnell überfüllt ist. Dies würde lediglich zu Überforderung und Unzufriedenheit führen. Statt dessen sollten wir die den Tag mit den Gelegenheiten positiv zu wirken eher als eine Art Fluss betrachten, auch dem die Gelegenheiten an uns vorbei treiben, manche in Griffreichweite, andere zu weit weg, sie zu erreichen.

Wir sollten unsere tägliche Arbeitsleistung nicht daran messen, wie viele Gelegenheiten uns entgangen sind, an uns vorbei den Fluss herunter gespült sind. Vielmehr sollten schauen, welchen Anteil unserer Arbeitszeit wir damit verbracht haben, erreichbar nah an uns vorbei schwimmende Dinge aus dem Fluss zu greifen und unser bestes getan zu haben, positiv beizutragen.

Hier ein paar Beispiele solcher auf dem Fluss treibender Gelegenheiten:

  • eine Gelegenheit zur Alltagsintegrierten Sprachförderung
  • ein Kind zeigt ein prosoziales Verhalten, für das wir uns bedanken können
  • ein Kind zeigt gedankenlos, ohne böse Absicht ein Verhalten, das weniger förderlich für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft ist, und wir nehmen uns die Zeit es freundlich darauf hinzuweisen
  • ein Kind namentlich begrüßen, dass unseren Raum betritt, es vielleicht interessiert zu fragen, wie es ihm geht und ihm damit vermitteln, dass es wertvoller Teil der Gemeinschaft ist.
  • durch einen Impuls das Spiel eines Kindes um eine interessante Variante erweitern
  • eine Handlung vornehmen im Sinne der vorbereiteten Umgebung, vielleicht etwas ästhetisch ansprechend im Regal platzieren, was beim Aufräumen lediglich etwas lieblos hingeworfen wurde, vielleicht Unordnung beseitigen, damit das nächste Kind einen ansprechenden Arbeitsbereich vorfindet
  • ein Material auffüllen
  • etc.

Gelegentlich sollten wir uns dann noch darüber hinaus fragen, ob die Gruppe oder der Gruppenalltag anders strukturiert werden kann, wenn uns auffällt, dass bestimmte Gelegenheiten häufig zu weit weg an uns vorbei schwimmen. Vielleicht können wir uns in der Freispielführung einen anderen Ort suchen, um buchstäblich näher dran zu sein. Vielleicht nehmen wir wahr, dass sich Kinder in zwei angrenzenden Spielbereichen häufig gegenseitig stören. Kann der Raum an der Stelle umgestaltet werden, so dass dies Gelegenheiten, positiv zu wirken, seltener auftreten und damit auch weniger an uns vorbei schwimmt?